Was bringt BGM?
Oder: Was bringt ein gesundes Unternehmen?
Die Effekte eines systematischen betrieblichen Gesundheitsmanagements sind mittlerweile durch zahlreiche Studien belegt. Unternehmen, die betriebliches Gesundheitsmanagement einsetzen, steigern nicht nur Leistung und Arbeitszufriedenheit, auch Kosten und Fehlzeiten werden reduziert. In Summe steigern gezielte Maßnahmen, die hinsichtlich ihrer Zielerreichung immer wieder überprüft und adjustiert werden müssen, sogar langfristig den Unternehmenswert. Vorausgesetzt allerdings, das betriebliche Gesundheitsmanagement umfasst sowohl Maßnahmen der Verhältnis- als auch der Verhaltensprävention und unterliegt einem systematischen Prozess, der gemäß den Kriterien des Projekt- und Qualitätsmanagements die gewählten Maßnahmen umsetzt, evaluiert und bei Bedarf neu ausrichtet.
Wenn nach dem Nutzen eines Engagements für die Gesundheit der Mitarbeiter – und damit für die Gesundheit des Unternehmens – gefragt wird, stellt sich die Frage, welche „Nutzen“ konkret gemeint ist. Für die meisten Wirtschaftsunternehmern steht ganz klar der messbare ökonomische Nutzen im Vordergrund, aber die Betrachtung sollte weit darüber hinausgehen.
Von gesünderen Arbeitsbedingungen profitieren letztlich alle Beteiligten: Arbeitgeber durch ökonomische Effekte und die gesteigerte Attraktivität am Arbeitsmarkt, die Arbeitnehmer durch ein verbessertes Wohlbefinden am Arbeitsplatz.
Der wirtschaftliche Nutzen von betrieblichem Gesundheitsmanagement
Der Krankenstand ist eine Kennzahl, die eine ökonomische Betrachtung der Gesundheit aufgrund ihrer leichten Erhebung relativ einfach ermöglicht. Für einen mittelständischen Betrieb belaufen sich die Kosten pro Krankheitstag auf geschätzt 250 Euro. Hier besteht ein erheblicher Kostenfaktor, der mit gezielten Maßnahmen deutlich reduziert werden kann: Bei angenommenen zehn Tagen Arbeitsunfähigkeit je Mitarbeiter/in im Jahr (entspricht ca. 5% Krankenstand) und einer Unternehmensgröße von 100 Beschäftigten entstehen Kosten in Höhe von 250.000,00 €. Die Senkung des Krankenstands um nur 1% bringt in diesem Unternehmen bereits 50.000,00 € Einsparung. In einer Metastudie (IGA Report 2013) wurden Einsparungen bei den Krankheitskosten von durchschnittlich 26% und eine Reduktion der Fehlzeiten von durchschnittlich 28% bestätigt.
Jedoch benötigt man einen langen Atem, um die Effekte zu realisieren. Verhältnisorientierte Maßnahmen verlangen zunächst möglicherweise Investitionen und verhaltensbezogene Maßnahmen müssen über einen längeren Zeitraum etabliert sein, um finanziellen Nutzen zu generieren.
Die Auswertungen entsprechender Studien belegen aber einen positiven Return on Investment: So besteht zum Beispiel ein ökonomischer Nutzen durch Bewegungsprogramme (insbesondere gegen Rückenschmerzen) und Grippeschutzimpfungen, die sich positiv auf die Reduzierung von Fehltagen auswirken. Raucherentwöhnungsprogramme und Maßnahmen zum besseren Umgang mit Stressbelastungen sowie Depressionsscreenings zur Früherkennung von Überlastungssituationen sichern die Produktivität und reduzieren Langzeitausfälle.
Der organisatorische Nutzen
Je nach Art und Umfang der ergriffenen Maßnahmen im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements sind vielfältige Verbesserungen hinsichtlich Arbeitsschutz, Optimierung der Abläufe, Personalverfügbarkeit und vor allem auch in Bezug auf das Betriebsklima festzustellen. Ein gutes Betriebsklima, das auf einer entsprechenden wertschätzenden Unternehmenskultur aufgebaut ist, gilt als wesentlicher Faktor für den langfristigen Unternehmenserfolg.
Eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Institutes der AOK zeigt, dass bei den Hauptkriterien des Betriebsklimas positive Veränderungen durch gezieltes BGM erreicht werden. Dieser Effekt ist nicht zu unterschätzen, denn unzufriedene Mitarbeiter sind häufiger krank.
Der Fehlzeiten-Report 2016, veröffentlicht vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO), der Universität Bielefeld und der Beuth Hochschule für Technik Berlin, zeichnet zudem ein klares Bild: Nach diesem ist jede vierte Person, die ihre Unternehmenskultur als schlecht bewertet, auch mit der eigenen Gesundheit unzufrieden. Bei den Befragten, die ihr Unternehmen positiv sehen, war es nur jede zehnte Person.
Der organisatorische Nutzen im Hinblick auf die Zufriedenheit, das Engagement und die Motivation der Mitarbeiter ist also schwieriger in Zahlen auszudrücken, aber ganz wesentlich für den Unternehmensfortbestand.
Demografischer Wandel und Fachkräftemangel – Gesundheitsmanagement zur Mitarbeitererhaltung und -gewinnung
Gerade der Mittelstand hat bereits heute mit den Folgen des demografischen Wandels zu kämpfen. Eine alternde Belegschaft verlangt Strategien, die altersspezifische Belastungen abbaut und die Vorzüge und Fähigkeiten der Älteren nutzt. Die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter muss in Zeiten einer verlängerten Lebensarbeitszeit bestmöglich erhalten bleiben. Nicht zuletzt auch deshalb, weil der Arbeitsmarkt weniger junge Fachkräfte bietet.
Eben diese jungen Fachkräfte – Leistungsträger mit aktuellem Know-How – sind nicht einfach zu rekrutieren – gerade für Unternehmen des Mittelstands abseits der Metropolregionen. Hier bietet sich eine Chance durch ein systematisches Gesundheitsmanagement. Denn ein bekannter Markenname und gute Verdienstmöglichkeiten reichen der Generation Y und Z nicht mehr – eine gute Work-Life-Balance und Gesundheitsangebote stehen bei ihnen hoch im Kurs. Zu abschreckend waren die Erlebnisse der Vorgängergeneration (Umfragen zufolge fühlt sich jeder dritte Berufstätige „stark erschöpft oder ausgebrannt“). Unternehmen, die in Gesundheitsangebote und gesundheitsgerechte Strukturen bzw. Verhältnisse investieren, haben bei der Suche nach Fachkräften einen klaren Wettbewerbsvorteil.
Fazit
Ein systematisches, betriebliches Gesundheitsmanagement verbessert betriebliche Strukturen, arbeitsbezogene Prozesse und organisatorische Rahmenbedingungen: Die Produktivität steigt, der Krankenstand sinkt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind zufriedener. Selbst die Kundenzufriedenheit kann steigen, denn bessere Qualität sorgt für weniger Reklamationen. Auch wenn BGM zunächst Investitionen erfordert, so bringt jeder für BGM zielführend eingesetzte Euro ein Vielfaches an Nutzen.